Biographie

Jean Dufy, um 1935

Jean Dufy, um 1935

Jean Dufy wurde 1888 als siebtes Kind einer Familie mit elf Kindern in Le Havre geboren. Sein Vater war Buchhalter in einem metallverarbeitenden Unternehmen und ein begabter Amateurmusiker. Es gibt in Jean Dufys malerischem Werk nur wenig Spuren von seiner in Le Havre verbrachten Jugend, von seinem Beruf als „Außenvertreter“ eines Handelsunternehmens, das Überseewaren importierte, oder als Sekretär auf dem Überseedampfer „La Savoie“, der Le Havre und New York verband.

Jedoch bildete sich während jener Zeit durch sein Herumwandern im Hafen von Le Havre, durch seine Lektüre der Werke von Baudelaire, Mallarmé und Rimbaud und dank einer 1906 in Le Havre stattfindenden Ausstellung der Werke von Matisse, Derain, Marquet und Picasso die künstlerische Empfindsamkeit des Malers. Matisses Werk Fenêtre ouverte à Collioure mit seinem strahlenden Licht und seinen starken, grellen Farben ist für Dufy die entscheidende Erfahrung und führt ihn auf den ihm bestimmten künstlerischen Weg.Jean Dufy

Nach seinem Wehrdienst (1910-1912) lässt er sich in Paris nieder und begegnet Derain, Braque, Picasso sowie Apollinaire. In seinen ersten Aquarellen, die 1914 in der Galerie Berthe Weill ausgestellt werden, entdeckt man vorwiegend stumpfe Farbtöne – Braun, Blau und Dunkelrot – sowie das Werk seines Bruders Raoul, das sich durch die von Cézannes Maltechnik entlehnte Schraffurtechnik kennzeichnet. Die Mobilmachung kurz nach dieser Ausstellung hindert Jean Dufy nicht daran, weiterhin auf Blöcken zu malen und zu zeichnen, hauptsächlich Blumen, Pferde und Landschaften wie das Val-d’Ajol, in dem er sich während eines Genesungsurlaubs in den Vogesen nach seiner Rückkehr aus dem Krieg aufhält.

Nachdem er kurz mit seinem Bruder für das Malatelier des berühmten Lyoner Textilunternehmens Bianchini-Férier zusammenarbeitete, kreiert Jean ab 1916 während mehr als dreißig Jahren für die Porzellanfirma Théodore Haviland in Limoges Dekorelemente (Blumen- und Tiermotive). 1925 wird er für sein Tafel-Service „Châteaux de France“ bei der Exposition Internationale des Arts Décoratifs mit der Goldmedaille ausgezeichnet.

Als Jean 1920 nach Paris zurückkommt, lässt er sich auf dem Montmartre nieder. Braque ist sein Nachbar. In einem Umfeld künstlerischer Efferveszenz enthüllen seine Werke, die auf mehreren Ausstellungen in Paris (Salon d’Automne im Grand Palais des Champs-Elysées in den Jahren 1920, 1923, 1924, 1927 und 1932, Galerie Bing im Jahre 1929) und in New York (Balzac Galleries 1930, Perls Galleries 1938) dem Publikum präsentiert werden, sein Talent als Kolorist: Aus Farbvierecken zusammengesetzte Patchwork-Arbeiten sowie mutige Lichtkompositionen wie in Nature morte à la tasse (1921), wo der Gegenstand aus weißem Porzellan die einzige Lichtquelle ist.

Zwei Ereignisse des Pariser Kulturlebens der Nachkriegszeit haben einen entscheidenden Einfluss auf den Werdegang des Künstlers: Die Komödie Le Boeuf sur le toit (1920), bei der er die Musiker und Komponisten jener Zeit kennenlernt (Darius Milhaud, Georges Auric, Erik Satie, Francis Poulenc, Arthur Honegger), und La Revue Nègre (1925), die in seinem Werk die innovative Verbindung zwischen Chromatik und Musik herstellt und zu außergewöhnlichen Arbeiten führt. Das Thema Musik inspiriert ihn bei zahlreichen Bildern, auf denen er Pianisten oder Orchester darstellt und die fruchtbare chromatische Analogien in sich tragen: Musikerporträts, die wie eine ganze Note auf einer Notenlinie aufgezeichnet sind, Orgelpfeifen, welche wie Striche einer Achtelnote aneinandergereiht sind, Harfen wie Viertelpausen. Zur selben Zeit unternimmt er seine Hommage an die Brüder Fratellini: Zirkus- und Clownbilder, aus denen die Paare Farbe-Musik, Farbe-Sprache und komplexe Lichtspiele herausstrahlen und sich seine Vorliebe der allgegenwärtigen Farbe Weiß, die im allgemeinen den Clowns, Pferden und Akrobaten vorbehalten ist, zeigt. Le cirque (1927) ist ein Paradebeispiel davon: Ein intensiver in Rot, Blau, Schwarz und Gelb gestalteter Farbhintergrund, welcher die Farbe Weiß zur Geltung bringt.

Zahlreiche Aufenthalte in Le Havre führen in den darauffolgenden Jahren zu Meisterwerken wie Le quai Videcoq (1929), in denen die Farbharmonie ihre Perfektion erreicht. Honfleur, die Geburtsstadt seiner Mutter, Villefranche-sur-Mer, wo er sich 1920 aufhält, dann die Regionen Limousin und Touraine, wo er einen Teil des Jahres mit seiner Frau lebt, inspirieren mehrere seiner schönsten Werke: Blicke auf Wälder und Täler, auf das Château du Lion.

Anlässlich der Exposition Internationale im Jahre 1937 beauftragt der Generaldirektor der C.P.D.E. (Compagnie Parisienne de Distribution de l’Electricité) seinen Bruder Raoul mit der Dekoration des Pavillon de l’Electricité. Jean hilft ihm bei der Verwirklichung einer riesigen, 600 m2 großen Freske als Anerkennung der Errungenschaften der Elektrizität.

Die letzten Jahre (1950-1960) widmet er Reisen, hauptsächlich in Europa (Italien, Griechenland, England, Irland, Österreich, Dänemark, Schweden, Holland, Spanien, Portugal) aber auch in Nordafrika. Doch geht seine Vorliebe 35 Jahre lang eindeutig an die Stadt Paris. Wie seine Zeitgenossen Aragon, Hemingway und Prévert, welche die Stadt beschreiben, Utrillo, Chagall und Marquet, welche sie malen, verwendet Jean Dufy in einem sich ständig erneuernden kreativen Prozess, der von blauen Farbharmonien dominiert wird, Paris als Motiv für seine Ölbilder und Aquarelle: Blau als unversiegbare Schaffensquelle der Stadttore, der Straßen, der Kutschen der Stadt Paris, des Eiffelturms, des Pariser Himmels und der Seine.

Jean Dufy, dessen Werke regelmäßig in Paris (Galerie Barreiro, Galerie Jos. Hessel, Galerie Drouand-David usw.), in den Vereinigten Staaten (Galerie Georges de Braux in Philadelphia, James Vigeveno Galleries in Westwood Hills, Hammer Galleries und The Chase Gallery in New York) ausgestellt werden und zu den Sammlungen der angesehensten europäischen und amerikanischen Museen (z.B. Musée national d’Art moderne und Centre Pompidou in Paris, Albertina in Wien, Art Institute of Chicago oder MoMA in New York) gehören, stirbt am 12. Mai 1964 zwei Monate nach dem Tod seiner Frau Ismérie in dem kleinen, zum Dorf Boussay gehörenden Weiler La Boissière.

Ansicht der Ausstellung « Au Cirque, le Peintre et le Saltimbanque », Musée de la Chartreuse in Douai, 9. April – 18. Juli 2004

Ansicht der Ausstellung „Au Cirque, le Peintre et le Saltimbanque“, Musée de la Chartreuse in Douai, 9. April – 18. Juli 2004

Im Vordergrund, von links nach rechts:

Pablo Picasso

Jean Dufy

Henri Laurens

Le fou

Le cirque

Acrobate au tapis

Bronze

Öl auf Leinwand

Bronze

1905

1927

1939

Im Hintergrund, von links nach rechts:

Werke von Marc Chagall und Fernand Léger